Modul B4: Sprachtechnologie für Intelligent Computer-Assisted Language Learning

 

 

Versuche, mit dem Computer (Fremd-)Sprachen zu lernen bzw. zu lehren, reichen bis weit in die 60er Jahre und erfolgten zunächst auf Großrechnern, so dass sie schon aus rein technischen Gründen anfangs nur ein kleineres Publikum erreichten. Aufgrund der zunehmenden Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit von PCs in Privathaushalten - insbesondere wegen ihrer wachsenden Multimediafähigkeit - und durch die steigende Relevanz von Fremdsprachenkenntnissen in Beruf und Freizeit hat die Verbreitung elektronischer Sprachlernhilfen in den 90er Jahren enorm zugenommen. Kommerzielle CALL-Programme beschränken sich in der Regel jedoch auf multiple-choice-Aufgaben, Lückentexte und solche Aufgaben, bei denen der Lerner nur einzelne Wörter einzugeben hat, wie z.B. bei Vokabelgleichungen. Die Defizite der gegenwärtigen kommerziellen Sprachlehrsoftware, bei denen Sprach-Technologie ansetzen sollte, liegen daher vornehmlich in den Bereichen der Verarbeitung komplexer Eingaben, der Fehlerbehandlung und der Lernermodellierung.

Aufgrund des gestiegenen Stellenwertes elektronischer Sprachlernhilfen und besagter systematischer Schwächen konventioneller Sprachlernprogramme hat sich diese Anwendungsdomäne somit zu einem zukunftsträchtigen Tätigkeitsfeld der Computerlinguistik (CL) entwickelt. Ziel eines Kurses über ICALL (Intelligent Computer-Assisted Language Learning) sollte es vor diesem Hintergrund sein, Einsichten in die Möglichkeiten und Grenzen von (I)CALL-Systemen aus der Sicht von CL-Technologie zu vermitteln und einschlägige CL-Verfahren, die sich in ICALL-Kontexten nutzbar machen lassen, vorzustellen und zu erörtern.

Auf diese Weise wird eine Basis geschaffen, die Leistungsfähigkeit aktueller und künftiger Sprachlernsysteme aus Nutzersicht (z.B. künftige (Fremd-)SprachenlehrerINNen) und Entwicklersicht (ComputerlinguistINNen) realistisch einzuschätzen.

In einer vertiefenden Lehrveranstaltung sollte es dann darum gehen, selber ein Lernszenario zu entwerfen und einen entsprechenden Prototyp zu entwickeln, in dem CL-Technologie sinnvoll zum Einsatz gebracht wird.

1.         Fachlicher Beitrag

Das zu entwickelnde Lernmodul soll zwei aufeinander aufbauende (potentiell fächerübergreifende[1]) virtuelle Lehrveranstaltungen des Hauptstudiums unterstützen: ein 2-stündiges Seminar zur Einführung in ICALL und ein vertiefendes einjähriges Studienprojekt, in dem die Studierenden selbst einen Prototyp eines ICALL-Systems planen, entwickeln, einer größeren Öffentlichkeit vorstellen und abschließend dokumentieren müssen[2]. Um die beruflichen Chancen der Studierenden zu verbessern sollen in dem Studienprojekt nicht nur Inhalte und Techniken der CL sowie deren Anwendung vermittelt werden, sondern es sollen auch Erfahrungen in Teamarbeit sowie in der Planung, Abwicklung und Außendarstellung von Projekten gemacht werden.

2.                  Besondere Erfahrungen und Vorarbeiten (s.a. Projektskizze)

Im Zusammenhang mit den lokalen Studienprogrammen CL&KI sowie Cognitive Science[3] liegen Erfahrungen mit virtuellen Lehrszenarien im Rahmen des Niedersächsisches Verbundprojekts Virtueller Campus mit den Universitäten Hildesheim und Hannover vor. Desweiteren wurden mehrere Seminare und darauf aufbauende Studienprojekte zu ICALL als Präsenzveranstaltungen durchgeführt, deren Ergebnisse in Form von prototypischen ICALL-Systemen vorliegen und selbst wieder in Studien- und Forschungsprojekte sowie Abschlußarbeiten eingeflossen sind.

3.                  Lokales Pflege- und Weiterentwicklungskonzept

Aufgrund der besonderen inhaltlichen Konstellation dieses Lehrmoduls bietet es sich an, über die vom Konsortium geplanten Maßnahmen zur Pflege und Weiterentwicklung der Module hinaus eine Wartung mittels kontrolliertem Rückfluß von Ergebnissen aus Seminaren und Studienprojekten vorzunehmen (s. Abb. 1), der auch nach der Förderphase durch das Institut unterstützt werden wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


4.                  Kosten/Nutzen

Während des Förderzeitraums werden vor Ort bei durchschnittlich 60 StudienanfängernInnen pro Jahr etwa 12 Studierende pro Semester an diesem Kurs zeilnehmen. Der Betreuungsaufwand für das Seminar umfaßt 2 SWS Lehrdeputat und für das Studienprojekt 6 SWS.

Der Entwicklungsaufwand von ca. 64 Lernstunden reduziert sich dadurch, daß bei der Bereitstellung des NLP-Baukastens (vgl. Abschnitt 5) auch auf Input von den Verbundpartern zurückgegriffen werden kann, insbesondere Import von Grammatik, Parser, elektronische Lexika (Tübingen); Dialogführung (Saarbrücken); Spracherkennung (Bonn). Der Nutzen des ICALL-Moduls steigert sich, wenn einige der prototypischen ICALL-Systeme (vgl. Abschnitt 5) aus dem Pool als Szenarien bzw. Evaluationsrahmen für NLP-Module fungieren, die bei anderen Verbundmodulen entwickelt werden.

5.                  Komponenten und Arbeitspakete

Für das Seminar geplantes Curriculum

ID

Lerninhalt

Lern-

stunden

Dauer

Auf-wand[4]

s1

Klassifikation und Evaluation einschlägiger CALL-Programme[5]

4

7-8/01

2 PM

s2

ICALL als Spezialfall von ITS (Intelligente Tutorielle Systeme)

4

9/01

1 PM

s3

Einschlägige Methoden der Fehlerbehandlung

6

10-11/01

2 PM

s4

Lernermodellierung als Spezialfall der Benutzermodellierung

6

12/01-1/02

2 PM

s5

Studium exemplarischer ICALL-Systeme

        PROMISE (PROjekt Mediengestützes Interaktives Sprachen-lernen – Englisch)

        LogoTax (Korpus-Exploration zur Entwicklung eines persönlichen und  belegbasierten Kollokationslexikons)

6

2-3/02

2 PM

 

 

Für das Studienprojekt bereitzustellendes Angebot an Lern- und Arbeitsmaterial

ID[6]

Lerninhalte & Arbeitsmaterial

Lern-

stunden

Dauer

Auf-

wand

p1

Einführung in die (computergestützte) professionelle Abwicklung von (ICALL-) Projekten (Planung, Durchführung, Präsentation[7], Dokumentation)

8

4-5/02

11/02

2 PM

p2

Erweiterter Pool exemplarischer prototypischer ICALL-Systeme

8

6-7/02

3-4/03

4 PM

p3

NLP-Baukasten (Parser, Grammatiken, elektr. Lexika, Dialogführung, ...)

8

8-10/02

5-6/03

4 PM

p4

Kommentierte elektronische ICALL-Bibliographie

4

12/02

1 PM

p5

Zusammenstellung nationaler und internationaler ICALL-relevanter Projekte, Gesellschaften und Tagungen

4

1/03

1 PM

p6

Kommentierte elektronische Referenzen auf Grundlagen von Nachbardisziplinen (Lerntheorie, Zweitspracherwerbstheorie, Sprachdidaktik, Psycholinguistik)

4

2/03

1 PM

 

Wartung, Dokumentation

ID

Tätigkeit

Dauer

Auf-wand

KR-S

kontrollierter Rückfluß von Seminarergebnissen in das Lernmodul

10-12/02

10-12/03

1 PM

1 PM

KR-P

kontrollierter Rückfluß von Projektergebnissen in das Lernmodul

7-9/03

2 PM

D

Dokumentation

7-12/03

4 PM

 



[1] In Osnabrück wurde die Erfahrung gemacht, daß ICALL-Lehrveranstaltungen sehr davon profitieren, wenn CL-Studenten und Lehramtsstudenten der Philologien gemeinsam unterrichtet werden.

[2] Die Kursmaterialien können auch im Rahmen von Abschlußarbeiten zu ICALL nutzbringend zum Einsatz kommen.

[3] Das internationale Programm Cognitive Science wird vom AOS-Programm des DAAD gefördert.

[4] Der Aufwand wird für wissenschaftliche MitarbeiterINNEN angegeben. Die studentische Hilfskraft übernimmt einfache, gut delegierbare Tätigkeiten der Systementwicklung, beispielsweise bei der Dokumentation, Materialproduktion (z.B. Konvertierungen, Erstellen einfacher Abbildungen) und Literaturbeschaffung im Umfang von 19 Std./Woche.

[5] Dieser Komplex erleichtert den Einstieg von PhilologINNen in die CL und unterstützt die Verwendbarkeit des Kurses zwecks innerbetrieblicher Weiterbildung – Schulsoftwareverlage.

[6] Die Durchnumerierung entspricht in diesem Fall nicht unbedingt der zeitlichen Reihenfolge des Einsatzes im Projekt.

[7] z.B. Foliengestaltung, Notizzettel, Einsatz von Videokameras, ...