Lehrmodul B3: Natürlichsprachliche Dialogsysteme

 

Typ der LV

Synchrones Seminar 

 

Umfang

entspricht einem Teil (max. 50%) einer 4-stündigen Veranstaltung zu computerlinguistischen Anwendungen 

 

Stellung im Studienplan der Heim-Universität

Wahlpflichtveranstaltung im Grund-/Hauptstudium 

 

Typische Teilnehmerzahl an der Heim-Universität

15   

Maximal zu verkraftende Teilnehmerzahl

15   

Web-basierte Tools für die Kommunikation

Shared whileboard, chat tool, conferencing tool, mailing list, newsgroup

Zielgruppen

Studierende der Computerlinguistik und Informatik mit Schwerpunkt Sprachverarbeitung; InformatikerInnen und IngenieurInnen im IT-Bereich 

 

 

 

Das Modul soll auf unterschiedlichen Ebenen in theoretische Voraussetzungen, Werkzeuge und Techniken zur Dialogmodellierung und zur Konzeption von Dialogsystemen einführen, wobei die praktische Komponente besonderes Gewicht haben soll. Voraussetzungen für die erfolgreiche Teilnahme am Modul sind sprachwissenschaftliche und computerlinguistische Grundkenntnisse; sinnvoll sind Kenntnisse in Automatentheorie, Pragmatik und computerlinguistischer Programmierung. Das Modul ist so konzipiert, dass es durch die Wahlmöglichkeit von Übungsaufgaben unterschiedlicher Komplexität für den ersten oder den zweiten Studienabschnitt zugeschnitten werden kann.

 

Auf Grund der hohen Anwendungsrelevanz ist dieses Modul für einen Einsatz im Rahmen der beruflichen Weiterbildung besonders interessant.

 

Thematische Blöcke sind:

 

1.   exemplarische Vorstellung von Dialogsystemen: Fahrplanauskunft, Navigation, Gerätesteuerung; zentrale Aspekte der Dialogmodellierung im Überblick

       Übungen: Online-Austesten, intuitive Beschreibung und Bewertung von Dialogsystemen am Rechner (schriftliche Eingabe) oder telefonisch, (optional) Beschreibung der Struktur in Form von Zustandsdiagrammen

 

2.   linguistische Konzepte für die Analyse von Dialogstrukturen: Sprechakte, Dialogakte, konversationelle Prinzipien (Grice), Konzepte der Konversationsanalyse (z.B. Turn-Taking, Grounding)

       Übungen: Analyse und Annotation ausgewählter transkribierter Dialoge


3.   Modellierung von Dialogstruktur mit Informationszuständen und Dialogzügen

       Übungen: Spezifikation der Struktur einfacher (Sub-)Dialogformen; interaktives Austesten im Rahmen einer Entwicklungsumgebung für Dialogsysteme (Trindi-Kit)

 

4.   Evaluierung von Dialogsystemen (Effektivität, Effizienz, Akzeptanz) und empirische Methoden zum Systemdesign

       Übungen: Evaluierung exemplarischer Dialogsysteme anhand von Transkriptionen; Aufsetzen und Durchführen eines (einfachsten) WOZ-Systems (schriftliche Ein-/Ausgabe, über das Web)

 

5.   Rahmenbedingungen der Sprachschnittstelle (Erkennerprobleme, Robustheit, linguistische Abdeckung, Spontansprache)

       Übungen anhand von Aufnahmen und Transkriptionsmaterial aus dem Verbmobil-Projekt

 

6.   (optional): Ausblick auf den Einsatz von tiefer semantischer Analyse und Inferenz in der Dialogverarbeitung

       Übungen: Ausprobieren von Dialogen im MIDAS-System

 

7.   Ausblick auf die Voraussetzungen für intelligente Dialogassistenten, die in Hilfesystemen oder tutoriellen Sytemen zum Einsatz kommen können: Dialoggedächtnis, Plangenerierung, Planerkennung, Intentionalität, Benutzermodellierung

       Übung: Exploration eines experimentellen tutoriellen Systems mit Dialogschnittstelle

 

Als Anwendungsbereich, der viele linguistische und informationstechnologische Aspekte umfasst, sind beim Dialogmodul Querverweise und Verzahnungen zu verschiedenen linguistischen, computerlinguistischen und Informatikveranstaltungen sinnvoll, innerhalb des Milca-Gesamtkonzeptes z.B. zum Modul "Computational Semantics" (Saarbrücken, über das Thema 6) und das Modul "Gesprochene Sprache" (Bonn, Thema 5). Das Thema 2 ergänzt eine Pragmatik- und Texttheorie-Veranstaltung; das Thema 7 stellt den Anschluss zu einer Standard-KI-Vorlesung "Dialogsysteme" her.

 

Von der Lernmethode her erfolgt die Abarbeitung der einzelnen Themen typischerweise im Dreischritt: Vermittlung von Wissen über das jeweilige Thema (in bestimmten Fällen unter Einschluss kurzer einschlägiger Publikationen), praktische Übungen, Auswertung der Übungen. Letzteres ist im Allgemeinen nicht durch schematische Durchsicht und Korrektur zu bewerkstelligen, da Resultate oft nicht eindeutig und viele Lösungsvarianten möglich sind. Sinnvollerweise sollen die Resultate ausgetauscht, unter den Teilnehmern der Veranstaltung mit den TutorInnen diskutiert werden. Das heißt, dass sich hier die Form des synchronen Seminars anbietet.

Für den Wissensvermittlungsanteil greifen wir auf die in Lehrveranstaltungen (Seminare, Projektseminare, Softwareprojekte) erarbeiteten Materialien und Erfahrungen zurück. Für die praktischen Übungen, die für die Veransaltung einen großen Stellenwert besitzen, werden wir auf Systeme und Software unterschiedlicher Art zurückgreifen:

 

·             an der Universität des Saarlandes entwickelte oder in der Entwicklung befindliche Dialogsysteme (Sprachsteuerung Aufzug, Automobil, mathematisches Tutorsystem)

·             über Internet oder Telefon allgemein zugängliche Auskunfts- und Buchungssysteme

·             Trindi-Kit: Toolbox und Entwicklungsumgebung, die unter Beteiligung der UdS im EU-Projekt TRINDI entwickelt wurde (und im noch laufenden Projekt Siridus weiterentwickelt und gepflegt wird

·             im Rahmen des TRINDI-Projektes entwickelte Web-fähige Systeme zu Dialogsemantik und Inferenz

·             Wizard-of-Oz-Testumgebungen für Aufzug, Telefon und Automobil (teils vorhanden, teils für das erste Jahr der Projektlaufzeit im Rahmen anderer Projekte geplant), als Basis für Web-Varianten von WOZ-Tests.

 

 

Für Entwicklung und Austesten des Moduls sind im Antrag 11 Personenmonate vorgesehen (zzgl. Anteilen an den modulübergreifenden Arbeitspaketen 1, 6, 7), sowie Hilfskraftstunden im Umfang von etwa einer Hilfskraftstelle (19 Wochenstunden) über den gesamten Zeitraum hinweg (als Entwickler und Tutoren). Im Rahmen eines kleineren Unterauftrags soll die Firma SRI International in Cambridge einbezogen werden, die breite Expertise im Bereich Dialogsysteme besitzt und als Kooperationspartner im TRINDI-Projekt einen Demonstrator zur Verkehrsnavigation beigesteuert und sich an der Entwicklung des TRINDI-Kit beteiligt hat. Ein weiterer Unterauftrag soll an die Universität Edinburgh vergeben werden. Saarbrücken und Edinburgh tragen gemeinsam das neu eingerichtete Europäische Graduiertenkolleg "Sprachtechnologie und Kognitive Systeme". Im Rahmen des Unterauftrags soll sich Edinburgh am Austesten und der Weiterentwicklung vor allem der Module zu Dialog und Computational Semantics beteiligen.